Kiezladen WaMa - Die Anfänge
Anfang 2018 nahm alles seinen Lauf. In enger Abstimmung mit dem Quartiersmanagement Kosmosviertel entstand die Idee eines offenen Kieztreffes in einem zuletzt leerstehenden Laden in der Ortolfstraße 206B, der einst als Schlecker-Filiale, dann übergangsweise als Waschmaschinen-Laden diente. Das Projekt übernahm der Träger WeTeK Berlin gGmbH. Damals noch mit einem Team aus Holger Wiegandt, Marion Krippner und Lea Sporer, unterstützt von vielen Ehrenamtlichen.
Erste Projekte gingen von einer Kiezwerkstatt über ein Strickcafé, einen Bastelkreis, ein Bühnentechnik-Team oder gar einen Kosmos-Chor. Am 4. Mai 2018 wurde dann auch offiziell in größerer Runde Eröffnung gefeiert. Das Team veränderte sich bereits 2019, nachdem Marion Krippner und Lea Sporer andere Wege gingen. Holger Wiegandt - als vor allem Kulturverantwortlicher - blieb die feste Konstante. Er wurde die weiteren Jahre unterstützt durch Michael Schweitzer und Detlef Kirstein. Eine Zäsur in der Arbeit waren sicher die Jahre 2020 und 2021, als vieles durch die Corona-Pandemie eingeschränkt war, trotzdem bemühte man sich auch in dieser Zeit Angebote zu schaffen.
Unvergessen bleibt dabei: Als es in der Anfangszeit noch überall an Masken fehlte, diese aber unter anderem für den öffentlichen Nahverkehr Pflicht wurden, wurde im April 2020 in Zusammenarbeit mit BENN Stoff gekauft und daraus im Kiezladen ein entsprechender Nähset für einen individuellen Mundschutz zurechtgeschneidert. Die in Tüten verpackten Sets für Stoffmasken mitsamt Anleitung zum Zusammenbauen wurden seinerzeit regelrecht aus den Händen gerissen.
Abschied vom langjährigen Team und neue Träger
Ende August 2024 hieß es nun nach sechseinhalb Jahren endgültig Abschied zu nehmen, nachdem die Fete de la Musique am 21. Juni noch mal einen letzten Höhepunkt an Veranstaltungen markierte. Für den Kiezladen WaMa gab es zum 1. September 2024 einen Trägerwechsel von WeTeK gGmbH zum Kiezbund Altglienicke (offensiv ´91 e.V.). Damit endete auch die Zeit von Holger Wiegandt, Michael Schweitzer und Detlef Kirstein als Team des Kiezladens. Kathrin Jost, Jessica Kohl und Denny Schlüter werden die Neuen sein, die nun nach und nach den Laden übernehmen werden. Dabei ist auch ein Umbau der Räumlichkeiten geplant.
Der Trägerwechsel soll Anlass sein, einen kleinen Rückblick über sechseinhalb Jahre Kiezladen WaMa in Trägerschaft von WeTeK gGmbH zu wagen. Wir wollen Danke sagen an das Team um Holger Wiegandt, Michael Schweitzer sowie Detlef Kirstein und trafen uns zu einem kleinen Interview, um zu erfahren, wie sie die letzten Jahre bewerten. Was waren für sie die schönsten Momente, was waren die erfolgreichsten Veranstaltungen und die interessantesten Angebote?
Die schönsten WaMa-Momente in 6 1/2 Jahren
Zufrieden zeigte man sich mit den Angeboten und wie sie angenommen wurden. Michael Schweitzer betont, dass darin auch immer viel Arbeit steckte, damit alles auch gut funktionierte. Richtig genießen konnte man die Veranstaltungen selten, denn immer war nach der Vorbereitung auch etwas bei der Durchführung zu erledigen, wie etwa die Technik zu betreuen, und schließlich am Ende des Ganzen alles wieder in den vorherigen Zustand zu bringen. Eine Arbeit, die man gerne gemacht habe, um Veranstaltungen mit und für Menschen aus dem Kiez zum Erfolg zu bringen. Es war immer schön strahlende Gesichter zu sehen, wenn alles soweit gut gelaufen ist.
Was war die tollste Veranstaltung in den ganzen Jahren. Für Holger Wiegandt war es eine im Februar 2019 gemeinsam mit dem Bürgerverein Altglienicke. Da gab es im Laden eine Ausstellung zu 30 Jahre Erstbezug im Kosmosviertel. Eröffnet wurde sie offiziell durch Bezirksbürgermeister Oliver Igel. Es wurden dabei kurz zuvor einige verschollen geglaubte Tafeln aus der Bauzeit wiederentdeckt. Es wurde recherchiert nach Bauleuten, die bei der Verwirklichung des Bauprojekts dabei waren. Sogar mit dem damals 89-jährigen Architekten Roland Korn stand man im Austausch, der aber altersbedingt nicht mehr von Thüringen nach Berlin kommen konnte. Trotz alledem, einer der dort mit dem Bau zu tun hatte, kam zur Eröffnungsveranstaltung und berichtete, wie es damals auf der Baustelle war. Im Laden stand zwischen lauter Ausstellungstafeln zur Geschichte des Kosmosviertels das große Planungsmodell von 1987, wie mal das Viertel aussehen sollte. Anschließend gab es einen Film über das Kosmosviertel und einen Empfang, wo sich alteingesessene, ehemalige und neue Bewohnerinnen und Bewohner des Kosmosviertels austauschten.
Veranstaltungen im ganzen Kiez
Tolle Veranstaltungen waren für Holger Wiegandt auch diejenigen, die gemeinsam vom Bürgerverein Altglienicke und dem WaMa-Team nicht direkt im Kiezladen, sondern um die Ecke auf dem Freigelände des Bürgerhauses stattfanden. Da gab es zum einen mehrere Open-Air-Kino-Abende, so wurde u.a. gezeigt der teils in Altglienicke gedrehte DEFA-Film „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“, aber auch im Jahr 2021 als Reihe Altglienicker Kulturwochen in weiterer Kooperation mit der Stadtteilbibliothek eine Buchlesung mit Christoph Biermann aus seinem Werk „Mein unglaubliches Jahr mit dem 1. FC Union Berlin“. Viele Union-Fans kamen seinerzeit ins Kosmosviertel. Bei der Lesung trat die Band Krispin mit „Wir sind Union“ auf. Herausragend fand Holger Wiegandt auch den von Antje Scherbarth organisierten Mutmachtag.
Michael Wiegandt sieht unter den Höhepunkten ganz oben das Weihnachtssingen, insbesondere im Jahr 2019, aber zweifellos auch die alljährliche Ausrichtung der Fete de la Musique, wo es stets gelang ein tolles Bühnenprogramm für das Kosmosviertel zu zaubern. Darüber hinaus gab es natürlich viele andere gute Veranstaltungen und Aktionen. Alles habe irgendwie gefallen. Tolle Erinnerungen hätte man an das Umweltfest. Es gab eine sehr interessante Veranstaltung zusammen mit der Verbraucherzentrale mit Eva Hage vom Projekt Foodsharing, sprich der Rettung von Lebensmitteln, unter dem Leitwort „Fermentieren lernen“. Unvergessen blieben etliche Bastelaktionen und Workshops. Zu nennen seien unter anderem die im Drachenbau, führt Michael Schweitzer aus.
Man denke gerne zurück an die Aufführung eines Schattentheaters. Ein kulturelles Highlight für das Viertel war sicher der Auftritt von fünf Musikern der Komischen Oper im Mai 2023 mit ihrem Programm des Operndolmuş On Tour, moderiert vom türkischen Künstler Mustafa Akça. Ebenso konnte man im Vorjahr Akzente setzen, als mit zahlreichem Publikum der politische Kabarettist Tom Ehrlich mit seinem Programm „Und was nun?“ nach Altglienicke kam.
Die kleinen Herzensprojekte im Kiezladen
Etwas, wo sich sein Kollege Detlef Kirstein besonders engagierte, war der Kosmos Filmabend, sagt Michael Schweitzer. Einmal wöchentlich hieß es für alle im Kiez sich gemeinsam einen Film anzusehen. Er besorgte immer alle Filme mitsamt Aufführungslizenzen, die von der Besucherschaft des Kiezladens gewünscht waren. Nicht alle waren immer einfach zu bekommen. Das schöne an den Filmabenden war stets, dass alle noch nach dem Ende zusammenblieben, um über den Film zu diskutieren.
Ein nachhaltiges Projekt von Detlef Kirsten war auch „Natur im Kosmosviertel“. Er erfasste sämtliche Bäume und Sträucher im Grünzug. Dabei wurden etliche Exoten festgestellt, die recht selten in Europa zu finden sind. Dieses mündete nicht nur in einer Vortragsveranstaltung und festen Ausstellung in den Räumen des Kiezladens, sondern am Ende entstand auch eine Broschüre.
Ebenso nachhaltig im Kiezladen WaMa war die Musik-AG, in der sich Leute zusammenfanden, um gemeinsam Musikinstrumente zu spielen. Dem folgten Auftritte von WaMaMusik unter anderem im Rahmen der Fete de la Musique. Die Veranstaltungen konnten stets gut technisch begleitet werden durch das Miteinander mit der von WeTeK Berlin gGmbH ebenso betreutem Medienetage im Bürgerhaus. Zuletzt wurden die künstlerischen Projekte gut unterstützt durch den neugegründeten Kulturverein Altglienicke e.V., so dass einiges wie dieses sicher erhalten bleiben wird.
Die WaMa als Unterstützung und Treffpunkt
Ein fester Anlaufpunkt für Menschen aus einer Vielzahl von Ländern war daneben in den letzten Jahren das ehrenamtlich organisierte Interkulturelle Café, wo es stets ein wechselndes Programm gab, bis dahin, dass Essen aus den verschiedenen Heimatregionen mitgebracht und gemeinsam verzehrt wurde, man aber auch zusammen musizierte und spielte. Darüber hinaus tauschten sich alte und neue Altglienicker hier nach Herzenslust aus.
Natürlich sei man in all den Jahren auch immer eine wichtige Anlaufstelle im Kiez gewesen, wo alle Leute, die Fragen hatten, Hilfe bekamen bzw. an entsprechende Stellen weitervermittelt wurden. Dazu zählte auch eine Sozialberatung jeden Montag. Gerne wurde geholfen beim Ausfüllen von Anträgen.
Ein Abschied mit schönen Erinnerungen
Mit vielen schönen Momenten und Erinnerungen verlasse das Team von WeTeK Berlin gGmbH nun den Kiezladen WaMa, erfahren wir abschließend. Gedankt wird dabei den vielen Ehrenamtlichen aus dem Kiez, die immer wieder unterstützend dazu beigetragen haben. Nun werde jeder aus dem Team neue weitere Wege gehen. Ab September wird der Kiezladen WaMa vom Kiezbund Altglienicke fortgeführt. Es wird dabei sicher bewährte Angebote weiterhin geben, aber auch Neues. Geplant sei zum kommenden Jahr ein grundlegender Umbau zu einem modernen Kieztreff, der zeitgleich noch mehr verschiedene Angebote ermöglicht.
Wir sagen Danke dem bisherigen Team für seine Arbeit und wünschen dem künftigen viel Erfolg!